Drei digitale Gewinner der civicChallenge 2022
Zum dritten Mal in Folge wurden die innovativsten Projekte für die Verwaltung ausgezeichnet. Zwei Projekte aus dem Raum Basel sowie ein Projekt der Bundesverwaltung machten dieses Jahr das Rennen und erhalten nun die Möglichkeit, einen Prototypen ihrer Idee umzusetzen.
Digital ist das Wort, welches die drei diesjährigen Gewinnerprojekte des nationalen Innovations-Wettbewerbs und -Inkubators civicChallenge verbindet. Mit “Basel Health Audio” möchte das Team von Céline von Wartburg, Nadia Pecoraro und Freija Geniale des Gesundheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt dank Sprachnachrichten aufs Handy wichtige Gesundheitsinformationen auch vulnerablen Gruppen zugänglich machen. Sandro Müller, Simone Schaub und Manoj Thanathethu des kantonalen Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit des Kanton Basel-Land möchten mit ihrem “digitalen Kompetenzbarometer” die Integration von Arbeitssuchenden in den Stellenmarkt vereinfachen. Und der Publikumspreis-Gewinner “Geodaten leicht gemacht”, ein Projekt von David Oesch, swisstopo, in Zusammenarbeit mit den BfH-Student*innen Michelle Wiedmer, Jonas Hofer und Patrick Friedli, möchte mit einem einsteigerfreundlichen Tool die Geodaten des Bundes der Allgemeinheit besser zugänglich machen.
Öffentlichkeit bestimmt Gewinnerprojekt
Alle drei Gewinnerprojekte haben in den vergangenen Monaten im Rahmen der civicChallenge Finalrunde einen intensiven Innovations-Workshop besucht, während dessen sie ihre Projektideen kritisch hinterfragt und weiterentwickelt haben. Eine hochkarätige Jury mit Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Bildung hat anschliessend die Projekte erneut beurteilt und zwei der drei Gewinner erkoren. Wie bereits im vergangenen Jahr wurde der dritte Preis von der Öffentlichkeit vergeben. Während 2,5 Wochen haben über 900 Personen online für ihren Favoriten abgestimmt und damit den Publikums-Preis an das Projekt “Geodaten leicht gemacht” verliehen. Alle drei Gewinnerprojekte erhalten nun ein Preisgeld von 30’000 CHF für die Entwicklung eines funktionierenden Prototypen.
Dritte Finalrunde von civicChallenge
Dass das innovative Potential bei den Mitarbeiter*innen der Verwaltung weiterhin gross ist, hat die dritte Runde des Innovationswettbewerbs- und Inkubators civicChallenge gezeigt. Zehn originelle Ideen aus der ganzen Schweiz haben es in die diesjährige Finalrunde geschafft.
Bei über 500 Verwaltungsangestellten in der ganzen Schweiz hat civicChallenge diesen Frühling eine Umfrage durchgeführt um herauszufinden, wie sie die Innovationskultur in ihrem Sektor einschätzen. Die Ergebnisse waren ernüchternd: ein Grossteil der Befragten schätzt ihren Arbeitgeber als nicht innovativ ein. (Hier finden Sie die detaillierten Studienergebnisse).
Dass dies aber eher ein strukturelles Problem ist und nicht an den Angestellten selbst liegt, hat die dritte Ausgabe des Innovationswettbewerbs und -Inkubators civicChallenge erneut gezeigt. 25 innovative Projekteingaben aus allen Sprachregionen, von Mitarbeiter*innen aller föderalen Ebenen und mit Ideen aus den unterschiedlichsten Bereichen wurden dieses Jahr eingereicht. Auch die dritte Durchführung des Wettbewerbs wurde durch die Förderung des Migros-Pionierfonds ermöglicht.
Soziale Themen dominieren
Die hochkarätige Jury von civicChallenge hat die Projekte bewertet und die Auswahl der 10 Finalisten getroffen. Zum ersten Mal sind dieses Jahr auch Projekte aus der italienischsprachigen Schweiz dabei, und zwar gleich drei an der Zahl. Mit ebenfalls drei Projekten geht die Romandie an den Start und aus der deutschen Schweiz haben es vier Projekte in die Finalrunde geschafft. Thematisch decken die Ideen ein breites Spektrum ab. Integration von Arbeitssuchenden in den Stellenmarkt, Prävention von Mobbing an Schulen, Ermutigung der Bevölkerung zu mehr Nachhaltigkeit – Wie bereits im Vorjahr steht bei den meisten Projektideen ein sozialer Gedanke oder die Nachhaltigkeit im Vordergrund. Und immer stehen die Bürger*innen im Zentrum.
Hier geht es zu den 10 Finalisten von civicChallenge 2022
Unterstützung durch renommierte Innovationsexpertin
In den kommenden Wochen werden die Finalist*innen in On- und Offline Workshops gemeinsam mit der internationalen Innovationsexpertin Stephanie Wade von Ascendant aus New York Innovationsmethoden wie Design Thinking lernen, die Bedürfnisse der Kund*innen testen und an ihren Ideen feilen. Ende Jahr werden die ausgearbeiteten Projektvorschläge erneut der Jury vorgelegt und die Gewinnerprojekte erkoren. Diese erwartet nebst einem Förderbeitrag von CHF 30’000 ein professionelles Coaching zur Umsetzung eines funktionierenden Prototypen.
Innovation in der Verwaltung
Nachdem civicChallenge rund 500 Angestellte des öffentlichen Sektors über die Innovationskultur innerhalb ihrer Verwaltung befragt hat, wollten wir auch noch die Meinung unserer eigenen Community einholen. Finden Sie folgend die Einschätzungen zweier ehemaliger civicChallenge-Finalisten.
Vor einigen Wochen hat civicChallenge eine Umfrage unter 500 Angestellten des öffentlichen Sektors durchgeführt, um herauszufinden, welche Beziehung sie zu Innovation an ihrem Arbeitsplatz haben: Lesen Sie hier die Ergebnisse der Umfrage.
Nun haben wir die Mitglieder der civicChallenge-Community zu demselben Thema befragt. Um herauszufinden, welche Rolle unser Wettbewerb bei der Unterstützung von Innovationen in der öffentlichen Verwaltung spielt. Hier finden Sie einen kurzen Einblick in die Antworten zweier ehemaliger civicChallenge-Teilnehmer.
Pierre Gentile, responsable du Centre Social d’Intégration des Réfugiés du canton de Vaud, a gagné l’édition 2021 du concours avec un projet d’application pour soutenir les réfugiés dans leurs démarches administratives : Portail My CSIR.
- Quelle importance a l’innovation dans ton administration ? Les nouvelles idées innovantes sont-elles soutenues et encouragées ?
Dans le domaine du social l’administration est sensible à l’évolution de la société et à l’émergence de nouvelles demandes. Les nouvelles idées sont donc généralement bien reçues.
- L’administration n’est généralement pas considérée comme particulièrement innovante ? Comment le vis-tu et quelles en sont les raisons à tes yeux ?
Si les idées innovantes sont les bienvenues, il est vrai qu’il existe des freins à l’innovation. L’administration évolue plutôt de manière incrémentale, en évaluant ses programmes et en les adaptant d’année en année. C’est aussi ce qui garantit sa stabilité et prévisibilité. Des innovations qui impliquent des changements organisationnels ou des changements de paradigmes demandent plus d’effort de conviction et par la suite de coordination interne. Ceci dit, il y a clairement un espace pour tester et innover à travers des projets pilotes au sein de l’administration.
- Pourquoi as-tu participé au civicChallenge ?
Précisément pour le défi que cette participation impliquait. C’était aussi l’occasion de souder une équipe autours d’un projet.
- Comment ton projet a-t-il été accueilli au sein de ton administration
J’ai eu la chance de pouvoir compter sur le soutient de ma hiérarchie qui nous a fait confiance pour participer au CivicChallenge.
Antonio De Feo, responsable du programme de prévention des dépendances du département de la santé du canton de Bâle-Ville, a également gagné l’édition 2021 avec un programme d’insertion sociale pour les jeunes sans activités extra-scolaires : Catching Fire.
- Welchen Stellenwert hat Innovation in deiner Verwaltung? Werden neue innovative Ideen unterstützt und gefördert?
Antonio: Innovation wird bei uns in den Medizinischen Diensten des Gesundheitsdepartements Basel-Stadt grundsätzlich sehr begrüsst. Wichtig dabei ist, dass die innovativen Ideen auch bedarfs- und bedürfnisgerecht sind. Gerade in der Suchtprävention ist es wesentlich, am Puls der Zeit zu bleiben und innovative Angebote umzusetzen, welche mit neuen Trends standhalten können. Auch unserem Departementsvorsteher ist es wichtig, Innovationen und Visionen anzugehen, damit unser Departement und das Gesundheitswesen im Allgemeinen stetig effizienter werden und Neuartiges realisiert werden kann.
- Die Verwaltung gilt generell nicht als besonders innovativ. Wie erlebst du das und worin siehst du die Gründe?
Die Verwaltung ist sicherlich einigen Vorurteilen ausgesetzt. Viele davon bewahrheiten sich meiner Meinung nach nicht. Da wir als kantonale Einheit zum Teil über Steuergelder finanziert sind, ist die politische und öffentliche Aufmerksamkeit besonders hoch. Das ist gut so, kann aber dazu führen, dass vielleicht etwas vorsichtiger gearbeitet wird, um kostspielige Fehler zu vermeiden.
- Weshalb hast du bei civicChallenge mitgemacht?
In der Entwicklungsphase des Pilotprojekts Catching Fire wurden wir auf den Wettbewerb aufmerksam. Wir sahen die Möglichkeit, das Projekt zusammen mit Expert*innen weiterzuentwickeln. Und die mögliche Siegesprämie von CHF 30’000.- war natürlich ein zusätzlicher Anreiz.
- Wie wurde dein/euer Projekt innerhalb deiner Verwaltung aufgenommen?
Das Interesse am neuen Projekt war gross. Wir hatten von Beginn an Unterstützung aus anderen Abteilungen. Unsere Zielgruppe sind einsame Jugendliche. Die Covid-19-Pandemie und die Massnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit sind mit tiefgreifenden Veränderungen des Alltags und des gesellschaftlichen Zusammenlebens verbunden. Diese stellen für die psychische Gesundheit – insbesondere von Kindern und Jugendlichen – eine besondere Herausforderung dar. Das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt hat gerade in diesem Zusammenhang grundsätzlich Interesse daran, niederschwellige Unterstützungsangebote für diese Zielgruppe zu fördern.
Umfrage: Nachholbedarf bei Innovation im öffentlichen Sektor
Eine von civicLab in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage bei Verwaltungsmitarbeitenden aus der ganzen Schweiz zeigt auf, dass diese ihrem Sektor punkto Innovation ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Nur ein Drittel aller Befragten stuft ihren Verwaltungs-Arbeitgeber als innovativ ein und oft mangelt es an Unterstützung bei der Umsetzung neuer Ideen durch die Vorgesetzten.
Die Schweiz gilt als eines der innovativsten Länder der Welt. Zumindest in der Privatwirtschaft trifft dies wahrscheinlich zu und wurde auch schon mehrfach untersucht. Doch wie steht es um den öffentlichen Sektor? Wie nimmt die Belegschaft der Schweizer Verwaltungen die Innovation in ihrem Arbeitsumfeld wahr? Mit einer repräsentativennationalen Umfrage, durchgeführt vom Marktforschungs-Institut LINK, ging civicLab dieser Frage auf den Grund.
Fehlende Unterstützung durch Arbeitgeber
Die Ergebnisse der bei 500 Mitarbeitenden des öffentlichen Sektors durchgeführten Umfrage zeigen, dass punkto Innovationskultur in den Schweizer Verwaltungen noch einiges an Nachholbedarf besteht. Nur knapp ein Viertel (26,4%) der Verwaltungsangestellten in der Schweiz schätzt ihren Verwaltungs-Arbeitgeber als eher (23,8%) oder sehr innovativ (2,6%) ein.
Eine Mehrheit der Verwaltungsmitarbeitenden (57%) wünscht sich mehr Innovation in ihrem Sektor und knapp über 50% der Befragten bringt 1-2 Mal im Jahr eine innovative Idee ein. Doch erhält weniger als ein Drittel der Angestellten (31%) auch tatsächlich tatkräftige Unterstützung von ihrem Arbeitgeber für ihre eingebrachten Ideen. Die Studie zeigt ebenfalls auf, dass es signifikante Unterschiede gibt bezüglich den Sprachregionen sowie den staatlichen Ebenen. So schätzen die Romands ihren Verwaltungs-Arbeitgeber als weniger innovativ ein als ihre deutsch- und italienischsprachigen Kolleg*innen. Und auch die Angestellten beim Kanton stellen ihrem Arbeitgeber punkto Innovation ein schlechteres Zeugnis aus als die Mitarbeiter*innen von Bund und Gemeinden. Die meist genannten
Hindernisse bei Innovationsmöglichkeiten sind das Einhalten bestehender Standard- und Routineverfahren, fehlende Anreize sowie die Vermeidung von Konflikten.
Für civicLab zeigen die Umfrageergebnisse klare Mängel im Bereich der Innovationskultur im öffentlichen Sektor auf. Damit sich die Verwaltung den sich wandelnden Bedürfnissen der Bürger*innen anpassen und effiziente Leistungen zu einem vertretbaren Preis anbieten kann, braucht es dringend einen Wandel im öffentlichen Sektor. Innovation muss prioritär behandelt werden und Mitarbeitende brauchen Zeit, Raum und Methoden um innovativ zu sein. Die Unternehmenskultur muss sich von einer beängstigenden Nullfehler-Kultur zu einer agilen innovationsfreudigen Kultur entwickeln.
civicChallenge wurde 2019 von civicLab gemeinsam mit dem Migros-Pionierfonds ins Leben gerufen. Mit seinem Innovations-Wettbewerb und Inkubator arbeitet civicChallenge auf das Ziel hin, mehr Möglichkeiten für neue Ideen zu schaffen. Verwaltungsmitarbeitende aus der ganzen Schweiz und aus allen Verwaltungsebenen können mit einer Projektidee am Wettbewerb teilnehmen und erhalten die Chance auf eine 6-tägige Schulung in Design-Thinking sowie eine finanzielle Unterstützung im Wert von CHF 30’000.- für die Erstellung eines Prototypen ihrer Idee. Mehrere innovative Ideen konnten im civicChallenge Inkubator bereits umgesetzt werden. Zudem organisiert civicChallenge gemeinsam mit Partnern aus Verwaltung und Bildung am 22. November 2022 die erste civicInnovation Conference, eine nationale Konferenz für mehr Innovation im öffentlichen Sektor: www.civicinnovation.ch
civicInnovation Conference
Rückblick auf die erste civicInnovation Conference am 22.November 2022 in Bern.
Q&A zur civicChallenge 2022 am 13.04.22
Das Team von civicChallenge steht Ihnen für eine Online Frage&Antwort-Runde zum Wettbewerb 2022 zur Verfügung.
Datum: Mittwoch, 13.04.2022
Zeit: 12.30 Uhr
Mit: Che Wagner und Regula Zellweger, Co-Projektleitung civicChallenge
Wo: Auf Zoom, Link folgt nach Anmeldung
Mehr Innovation für die Verwaltung ist gefragt
Nach zwei erfolgreichen ersten Ausgaben sucht civicChallenge ab sofort erneut nach Verwaltungsangestellten, welche mit innovativen Ideen den öffentlichen Sektor modernisieren möchten. Bis Ende Mai können Interessierte ihre Projekte einreichen. Nebst einer Jury wird auch die Öffentlichkeit mitbestimmen, welche Projekte die Förderung zur Umsetzung erhalten.
Mehr als 250 Mitarbeitende von Schweizer Verwaltungen haben in den vergangenen zwei Jahren mit einer innovativen Projektidee bei civicChallenge mitgemacht. Sie haben die unterschiedlichsten Hintergründe, stammen aus allen Verwaltungsebenen und diversen Regionen der Schweiz. Alle haben sie gemeinsam: Sie möchten etwas verändern und mit ihren Ideen den öffentlichen Sektor der Schweiz für die Bürger*innen attraktiver gestalten. Oftmals scheitern sie damit aber innerhalb der eigenen Strukturen. Die Pandemie hat uns zwar die Dringlichkeit von neuen Abläufen und Technologien im öffentlichen Sektor vor Augen geführt, aber dennoch herrscht in vielen Schweizer Verwaltungen nach wie vor eine “Null-Risiko-Kultur”. Aus Angst vor Fehlern und der damit verbundenen öffentlichen Kritik, haben innovative Projektideen einen schweren Stand. civicChallenge springt hier gemeinsam mit dem Gründungspartner Migros-Pionierfonds in die Lücke und bietet mit einem Innovationswettbewerb und -Inkubator die Starthilfe für eine erfolgreiche Umsetzung der vielversprechendsten Projekten.
Nach zwei erfolgreichen ersten Ausgaben lanciert civicChallenge nun die dritte Wettbewerbsrunde: Ab sofort bis am 31. Mai 2022 können auf www.civicchallenge.ch Mitarbeitende des öffentlichen Sektors ihre Ideen für eine moderne Verwaltung einreichen. Alle eingegebenen Projekte werden von einer hochkarätigen Jury, bestehend aus Expert*innen für Verwaltungsinnovation aus dem In- und Ausland, bewertet. Zehn Projekte erreichen die Finalrunde, in welcher sie in einem von internationalen Fachleuten begleiteten mehrtägigen Workshop ihre Ideen ausarbeiten. Ende November werden die vier finalen Gewinnerprojekte erkoren. Seit dem vergangenen Jahr gehört dazu neu der Publikumspreis, welcher von der Bevölkerung anhand eines öffentlichen Votings vergeben wird. Nebst einem Förderbeitrag von 30’000 CHF erwartet die Gewinner*innen ein professionelles Coaching für die Umsetzung eines funktionierenden Prototyps.
Die ersten vier Prototypen von civicChallenge (die Gewinnerprojekte des Wettbewerbs 2020) wurden im vergangenen Dezember erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Die vier Preisträger des Wettbewerbs 2021 befinden sich nun im Inkubator und werden in diesem Jahr ihren Prototypen erarbeiten. Sie alle vereint ihr Anliegen zu mehr gesellschaftlicher Inklusion. Darunter ein Projekt des eidg. Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, welches einen Leitfaden für barrierefreie Online-Events erarbeitet. Oder auch das Projekt Catching Fire vom Gesundheitsdepartement Basel, welches einsame Jugendliche mit passenden Freizeitbeschäftigungen wieder in die Gesellschaft integrieren möchte.
Design-Thinking Workshop am 24.03.22
Werden Sie in einem Online-Workshop zu Design-Thinking mit den wichtigsten Innovationswerkzeugen vertraut und verhelfen Sie Ihrer Projektidee zu mehr Erfolg.
Datum: Donnerstag, 24.03.21
Zeit: 16 bis 18 Uhr
Mit: Stephanie Wade von Ascendant aus New York
Wo: Auf Zoom
Gemeinsam mit der internationalen Innovationsexperte Stephanie Wade von Ascendant aus New York sowie der Präsidentin von civicChallenge, Anja Wyden Guelpa, möchten wir Sie in die Thematik des Design Thinking einführen. Im zweistündigen Online-Workshop vermitteln wir Ihnen die wichtigsten Innovationstechniken wie die Kreation einer „Persona“ oder das Erstellen eines „Prototyps“ und bieten Ihnen damit eine Hilfestellung bei der Ausarbeitung Ihrer Projektidee für die Einreichung bei civicChallenge. Nutzen Sie diese einmalige Gelegenheit für eine erfolgreiche Projekteingabe!
Der Workshop wird auf Englisch moderiert. Bei Fragen oder im Austausch untereinander steht es den Teilnehmenden jedoch frei, sich in ihrer eigenen Sprache auszudrücken.
Projekt „Euses Aarau, euses Quartier“
Quartiere sind das pulsierende Herz einer Stadt: Hier verbringen die Bewohner*innen einen Grossteil ihrer Zeit, machen neue Bekanntschaften, entwickeln ihre Interessen und nehmen am öffentlichen Leben teil. Diesergibt sich jedoch nicht von selbst: Es ist notwendig, das Leben in den Quartiere proaktiv zu gestalten und dabei die Interessen der Bewohner*innen zu berücksichtigen. Die Stadt Aarau nahm diese Herausforderung an und entwickelte ein innovatives Projekt zur Entwicklung der Angebote in den Quartieren und Förderung der Eigeninitiative der Bevölkerung.
Die Stadt Aarau hat im Jahr 2017 die Berücksichtigung der Eigeninitiative der Bürger*innen in den einzelnen Stadtteilen in ihre Hauptziele integriert. Nach einer internen Abstimmung über die Zuständigkeit der einzelnen Abteilungen und der Unterstützung durch Kontextplan (Beratungsunternehmen für die Entwicklung von Lebensräume mit Qualität) enstand im Jahr 2020 das Projekt “Euses Aarau, Euses Quartier”.
Die Bevölkerung wurde von Anfang an in das Projekt einbezogen: Zunächst wurde eine Umfrage unter den Bürger*innen durchgeführt, um ihre wichtigsten Bedürfnisse zu ermitteln. Die Meinungen der Bevölkerung wurden dann durch Nachbarschaftsdialoge ergänzt, die aufgrund der Pandemie online stattfanden sowiedurch sogenannte Ideenbäume, die an öffentlichen Plätzen aufgestellt wurden und wo die Menschen ihre Wünsche aufschreiben konnten. Aufgrund dieser Rückmeldungen hat die Verwaltung ein Paket von 29 konkreten Massnahmen erstellt, welche jetzt priorisiert und in Zusammenarbeit mit den Quartieren umgesetzt werden.
Die vorgeschlagenen Massnahmen sind vielfältig und decken unterschiedliche Bereiche ab, von der Schaffung von ausreichend sicher erreichbare sowie gut zugängliche Spiel- und Sportplätze in allen Quartieren bis zur Entstehung eines abteilungsübergreifenden Koordinationsgremiums oder -netzwerkes; von der Bereitstellung von Budget für Quartierinitiativen bis zur Ermöglichung der Vernetzung und Austausch mit digitalen sowie analogen Tools.
Ziele
- Vielfalt der Bevölkerung stärken und wertschätzen
- Identifikation der Bevölkerung mit dem eigenen Quartier stärken
- Dialogkultur zwischen Quartieren, Verwaltung und Politik verstärken
- Eigeninitiative stärken
Verlauf
- Legislaturziele: Quartieren müssen attraktiver werden
- Quartier-Umfrage
- Fachliche Quartieranalyse aus der Seite der Verwaltung
- Quartiergespräche und Ideenbäume
- Fotowettbewerb
- Pilotprojekt
- Evaluation
Warum ist das Projekt innovativ?
Verfahren
Das Projekt basiert auf einem Endziel, das nicht nur durch die Projektergebnisse selbst, sondern auch während des Umsetzungsprozesses erreicht wird. Die ständige Einbeziehung der Bevölkerung (und damit der Zielgruppe) in die Projektentwicklung sowie der stark nutzerzentrierte Gedanken verleihen diesem Projekt einen äusserst innovativen Charakter.
Werte
Die Werte, die diesem Projekt zugrunde liegen, stehen für eine Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigt werden und in der ein ständiges Feedback der Zielgruppe eingeholt wird. Dieser nutzerzentrierte Gedanke erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt von der Bevölkerung angenommen wird und somit erfolgreich ist.
Struktur
Die fünf Meilensteinen sind klar erkennbar aber gleichzeitig übergreifend. Die entwickelten Massnahmen werden für mehrere Zielen benutzt und die Interdisziplinarität wird ins Zentrum gestellt.
Was sind die Empfehlungen der Projektleiter*innen?
Lea Scheidegger, Projektleiterin Stadtentwicklung Stadt Aarau
- Motiviertes und belastbares Team
Ein Kernteam, das sich dem Projekt verpflichtet fühlt und bereit ist, sich jeder Herausforderung zu stellen, ist unerlässlich, um ein innovatives Projekt voranzubringen, vor allem in einer Krisenzeit wie der Pandemie. Auch bei unvorhergesehenen Ereignissen oder Planänderungen sollten Sie nicht vergessen, dass Sie für ein Projekt arbeiten, das Ihnen gefällt und von dem Sie überzeugt sind. Geniessen Sie jeden kleinen Sieg! - Transparente Kommunikation
Bei der engen Zusammenarbeit mit der Bevölkerung ist eine ständige und transparente Kommunikation über Fortschritte und getroffene Entscheidungen unerlässlich. Auf diese Weise geht der Kontakt mit der Zielgruppe und dem Umfeld, in dem das Projekt durchgeführt wird, nicht verloren. - Zeit nicht unterschätzen
Projekte, bei denen so viele Menschen konsultiert werden, brauchen Zeit. Stellen Sie sicher, dass Sie über die nötigen Mittel verfügen, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu bleiben und das Projekt in all seinen Facetten zu verfolgen. - Kooperationspartner finden
Es ist wichtig innerhalb der Verwaltung wie auch in der Bevölkerung von Anfang an Kooperationspartner zu finden. Diese Schüsselpersonen helfen ungemein bei der Umsetzung der Projekte und stützen das Projekt weiter ab.
Mehr Informationen zum Projekt „Euses Aarau – Euses Quartier“ finden Sie hier.
Gastbeitrag: Manifest für eine richtig digitale Verwaltung
Simone Carrier aus Berlin gehört zu den Innovations-Expertinnen, welche die civicChallenge-Teilnehmenden in der Finalrunde 2021 begleiteten. Sie hat mit ihrem Kollegen Jan-Ole Beyer ein Manifest für mehr Digitalisierung in der deutschen Verwaltung geschrieben, welches sich auch auf die Schweiz anwenden lässt. Ein Gastbeitrag.
Auch wenn die deutsche Verwaltung an vielen Stellen zuverlässig und viel besser als ihr Ruf funktioniert — die heutige Welt mit ihrer immer grösseren Vernetzung und Veränderungsgeschwindigkeit bedarf einer Anpassung in Arbeitsweisen und Organisationskultur. Zu oft zeigt sich, dass Verwaltung zwar rechtsstaatlich ordentlich verwaltet, aber Schwierigkeiten damit hat, auf Unerwartetes adäquat zu reagieren, Leistungen einfach und verständlich an die Menschen zu bringen und sich dort, wo es erforderlich ist, auch selbst neu zu erfinden. Denn die sicherheitsbewusste Arbeitskultur der Verwaltung zielt oft zu stark auf eine Vermeidung von Risiken und Konflikten.
Aber Risiko-Scheu und Streben nach Sicherheit sind die natürlichen Feinde der Innovation. Wenn wir Regeln nur so eng wie möglich auslegen und ›Das haben wir noch nie so gemacht‹ ein Grundprinzip ist, ist es schwierig, den Status quo weiterzuentwickeln. Wenn wir nur darauf schauen, warum eine Idee nicht umsetzbar ist, statt darauf zu schauen, wie etwas gehen könnte, dann sterben die Ideen bereits lange, bevor wir ausprobieren konnten, ob sie gut sind. Zu einer Verwaltung, die sich digital transformiert, muss daher mehr Bereitschaft gehören, neue Wege auszuprobieren. Mehr ›einfach mal machen‹ und Ausreizen der Regeln. Mehr Mut, auch einmal einen Fehlschlag zu erleiden. Und mehr Selbstverständlichkeit, hieraus reflektiert zu lernen.
Wir glauben, dass Verwaltung und ihre Mitarbeiter*innen genau das lernen müssen. Wir glauben, dass dies die Grundlage für eine bessere Gestaltung von Verwaltungsleistungen ist. Wir glauben, dass nur so der öffentliche Dienst in die Lage versetzt wird, die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu meistern. Dies ist unser Manifest¹.
Nicht nur Technologie, sondern Kultur.
Machen wir uns nichts vor: Das Problem der verbesserungsfähigen digitalen Transformation liegt nur selten in technischer Komplexität. Viel öfter liegt es in überkomplexen Organisationsstrukturen, in überholten Arbeits- und Herangehensweisen und in fehlenden Kompetenzen. Und darin, dass wir viel zu oft analoge Prozesse lediglich ins Digitale überführen, anstatt sie komplett und aus Nutzersicht neu zu entwickeln.
Neben fachlichen sind digitale Kompetenzen für alle Mitarbeiter*innen unumgänglich. »Ich habe es nicht so mit Computern« kann heutzutage nichts mehr sein, womit man kokettiert. Denn das heisst: »Ich bin nicht in der Lage, meine Arbeit mit zeitgemässen Werkzeugen gut zu erledigen.«
Gleichzeitig führt dieses Kokettieren auch dazu, dass wir bei der digitalen Transformation viel zu sehr neue Technologien wie KI und Blockchain in den Blick nehmen, die dann von ›Laboren‹ im geschützten Raum ausserhalb der Gesamtorganisation ausprobiert und nutzbar gemacht werden sollen. Digitallabore und technologisch geprägte Projekte berücksichtigen aber oftmals nicht das grosse Ganze, sondern vor allem einzelne, oft massgeschneiderte ›Leuchttürme‹, ohne sich mit der Übertragbarkeit auf andere Organisationseinheiten zu beschäftigen. Und damit scheitern sie, echte Veränderung wirklich tief und breit in der Organisation zu verankern.
Allzu oft arbeiten wir also an technischen Lösungen, die gerade hip sind und die man als schnellen und öffentlichkeitswirksamen Erfolg verkaufen kann. Die harte und mühsame, wenig werbewirksame Arbeit im Hintergrund hingegen vernachlässigen wir zu oft. Digitale Transformation braucht aber, um nachhaltig Nutzen zu entfalten, Standards und Strukturen — sowohl technologisch als auch organisational und im Design. Angefangen von der praktischen Gestaltung von abteilungs-, ressort- oder ebenenübergreifender Zusammenarbeit bis hin zu einer standardisierten technischen Basis, auf die (Leuchtturm-)Anwendungen aufbauen können. Gemeinsame Infrastrukturen und Plattformen, die verwaltungsebenenübergreifend und auf Basis offener Standards und Schnittstellen sowie zeitgemässer User Experience ermöglichen, Fachdienste auf ihnen aufzusetzen, sind kaum verfügbar. Hier müssen wir ansetzen, wenn Verwaltung nachhaltig digital werden soll.
Nicht nur Lösungen, sondern echtes Problemverständnis.
Wir alle wollen effizient sein und denken sehr schnell sehr lösungsorientiert, wenn wir an Problemen arbeiten. So kann es passieren, dass man eine Lösung im Kopf hat und lieb gewinnt, obwohl diese gar nicht unbedingt das zugrundeliegende Problem löst. Denn als Lösungsveranwortliche:r hat man fast immer einen sehr eingeschränkten Blickwinkel auf das Problem, der sich zumeist auch deutlich von dem der Nutzer*innen unterscheidet. Richtig ist es deshalb, aktiv einen Schritt zurückzugehen und erst einmal bewusst und systematisch das Problem unter die Lupe zu nehmen. Nutzerforschung und quantitative Daten helfen dabei, das Problem aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu verstehen. Das bietet die faktenbasierte Basis, um offen verschiedene Lösungsvarianten zu entwickeln.
Aber damit nicht genug. Denn damit wir Nutzen und Nützlichkeit einer (Problem-)Lösung objektiv bewerten können, müssen wir klare und messbare Kennzahlen definieren. Zu einer menschenzentrierten Gestaltung im Sinne des Service Designs gehört ganz vorne: Messbarkeit. Nur wenn wir messen, können wir erkennen, welcher Weg weitergegangen werden sollte und wo wir nachsteuern müssen. Nur wenn wir faktenbasiert arbeiten, können wir rationale und von eigenen Vorurteilen abstrahierte Entscheidungen treffen. Und wie will man Erfolg und echten Nutzen sonst feststellen als auf Basis wohl definierter und geeigneter objektiver Kriterien? Übrigens: Dazu gehört es dann auch zu entscheiden, ein Projekt mangels Erfolg wieder einzustampfen.
Nicht nur Gremien und Hierarchien, sondern Nutzerinnen.
Zum guten Ton gehört es, die so genannten ›Stakeholder‹ in ein Projekt einzubeziehen und zu berücksichtigen: Verbände, andere fachlich zuständige Referate oder Verwaltungen, Datenschützer et cetera. Einer Stakeholdergruppe jedoch hören wir meist viel zu wenig zu: den Nutzerinnen. Dabei sind sie eigentlich viel wichtiger als alle anderen. Sie sind es, die am Ende darüber entscheiden, ob die entstehende Lösung erfolgreich ist. Denn das ist sie nur dann, wenn sie tatsächlich genutzt wird.
Deshalb sollte immer das Credo gelten: Binde alle Stakeholder ein, aber höre im Zweifel und in Konflikten auf die Nutzerinnen. Kurz: ›Nutzerinnen first, Hierarchie second‹. Das beinhaltet übrigens oft mehr Gruppen, als man auf den ersten Blick bedenkt: So werden zwar immer öfter zum Beispiel Bürgerinnen einbezogen, aber die ganze Breite eines Verwaltungsprozesses und damit die Kolleginnen in den Fachbehörden als Nutzer*innen einer Lösung werden oftmals noch übersehen.
Nur wenn dieser Bewusstseins- und Entscheidungswandel in einer Organisation konsequent und breit verinnerlicht wird, gelingt es, den allzu modernen Begriff der ›Nutzerzentrierung‹ wirklich zu leben.
Nicht nur theoretisch planen, sondern praktisch ausprobieren.
Das klassische Wasserfall-Modell setzt darauf, eine Lösung erst bis ins Detail zu planen und dann »nur noch« umzusetzen. Das ist in der Verwaltung immer noch der gängigste und am weitesten verbreitete Ansatz, um Aufgaben anzugehen und Probleme zu lösen. Er ist aber in den meisten Fällen ineffizient und mit hohem Risiko behaftet, dass die Lösung nicht erfolgreich sein wird — jedenfalls dann nicht, wenn man Nutzung und Akzeptanz als wesentliche Erfolgsfaktoren berücksichtigt.
Deswegen setzt der zeitgemäße agile Ansatz darauf, in kleinen Iterationen Schritt für Schritt Teilprobleme anzugehen, zu lösen und dann gemeinsam mit den Nutzerinnen zu testen, ob die Lösung funktioniert. Lange Diskussionen im theoretischen Raum können wir durch praktisches Testen abkürzen. Es gilt: Tests und Feedback von Nutzerinnen sind zentral, um ein gutes Produkt zu entwickeln und Risiken von Fehlinvestitionen zu managen. Folgt man dem Prinzip des frühen Testens von Prototypen und Entwürfen, fällt es leichter, mutig zu sein, neue Wege auszuprobieren oder gar einen Fehlschlag zu erleiden. Denn man bewegt sich dank Prototypen im sicheren Raum.
Das gelingt aber nur, wenn wir die Scheu ablegen, auch ›unfertige‹ Lösungen, die noch nicht alle Anforderungen erfüllen, öffentlich zur Diskussion zu stellen und Feedback aktiv in die stetige Weiterentwicklung einzubeziehen. Denn im Konfliktfall zwischen Nutzerfeedback und Lastenheft, Anforderungskatalog oder Konzept ist immer ersteres zu priorisieren. Nur dann wird ein Produkt wirklich erfolgreich sein — auch in der Verwaltung.
Übrigens: Damit kommt man auch ganz automatisch von einem ›Projekt‹- zum ›Produkt‹-Denken. Denn das, was da nach und nach iterativ entwickelt wird, ist niemals ›fertig‹. Stattdessen wird es laufend Weiterentwicklungen und Verbesserungen geben. Deswegen muss die Verwaltung wegkommen von (zeitlich befristeten) Projektteams und hinkommen zu (langfristig verantwortlichen) Produktteams.
Nicht nur eine Sichtweise, sondern verschiedene Blickwinkel.
Innerhalb der Verwaltung arbeiten viele Menschen mit jahrelanger Erfahrung und unglaublich tiefgehender Expertise. Das ist sehr wertvoll und ein definitiv positiver Aspekt von aktueller Verwaltungskultur. Manchmal aber hindert dieses Wissen daran, Dinge aus einer anderer Perspektive zu sehen, weil lange Beschäftigung mit einem Thema eben oft den eigenen Blickwinkel verengt. Deshalb ist Diversität in allen ihren Aspekten ein essentieller Faktor, um Potentiale für Verbesserungen zu identifizieren. Andere kulturelle Backgrounds, andere Lebens- und Arbeitserfahrungen, anderes Lebensalter oder andere Herangehensweisen und Denkmuster helfen genau wie Neugierde und Offenheit dabei, einen frischen Blick auf die Dinge zu werfen. Damit die Arbeit im Team dann richtig gut funktioniert, gehört das Mensch-Sein und damit das Einbringen eigener Erfahrungen, Interessen, Motivationen etc. mit dazu.
Hinzu kommt: Viele der Skills, die im Rahmen der digitalen Transformation erforderlich sind, kommen heutzutage von außen, nämlich in Form von Beratung. Es wird Zeit, diese Expertise wieder verstärkt intern zu verankern. Denn so wichtig es ist, an der einen oder anderen Stelle auch Input von außen einzubeziehen, und so sinnvoll es sein kann, temporär benötigte Fachkenntnisse über Externe ins Haus zu holen — es braucht auch viel mehr interne Kompetenz, um die Externen steuern und ihre Arbeit wirklich bewerten zu können. Um eine eigene Position bilden zu können. Um auf Augenhöhe mitreden zu können und den regelmäßigen Culture Clash zwischen Externen und Internen zu vermeiden. Und um im Sinne des ›Produkt statt Projekt‹-Gedankens langfristig und dauerhaft das Ergebnis selbstständig betreuen zu können.
Deshalb gilt: Wir müssen die Wissensvermittlung bei Beratungsleistungen immer mitdenken und einfordern. Zusätzlich brauchen wir in Fachaufgaben wie auch in Methodenwissen und Soft Skills sichere und akzeptierte Freiräume für Fortbildung. Vor allem jedoch brauchen wir eine Kultur, die lebenslanges Lernen und Kompetenzbildung als wesentlichen Teil der Arbeit aktiv fördert. Aber Achtung: Digitale Kompetenz beinhaltet nicht nur Technik. Denn um gute digitale Lösungen zu konzipieren, brauchen wir auch Wissen über zum Beispiel Service-Standards, Standards für Barrierefreiheit oder Fragen der User Experience. Vor allem aber bedeutet es die Fähigkeit, Arbeitsweisen und Problemlösungsstrategien des digitalen Zeitalters nutzen zu können.
Nicht nur im eigenen Silo, sondern gemeinsam.
In der hierarchischen Organisation von Verwaltungsbehörden wird Wert darauf gelegt, dass in einem Vorgang alle zuständigen Organisationseinheiten beteiligt werden, bevor er der Leitung zur Billigung vorgelegt wird. Klassischerweise erarbeitet eine Facheinheit einen Entwurf einer Vorlage und stimmt ihn, wenn er fertig ist, auf schriftlichem Wege mit anderen Organisationseinheiten ab. Das ist am Ende für alle Beteiligten zeitraubend, denn gerade in kritischen Sachen braucht es oft mehrere Abstimmungsrunden, bis man sich auf einen (und nur selten den besten) Kompromiss geeinigt hat.
Kollaboratives, kooperatives Zusammenarbeiten sieht anders aus: Statt in Hierarchien und Beteiligungszwängen am Ende des Entwurferstellens setzen sich von Beginn an alle, die etwas beitragen können oder müssen, gemeinsam an den Entwurf — von der federführenden Fachabteilung über z.B. Datenschutz und Justiziariat bis hin zu anderen betroffenen Abteilungen oder Verwaltungsebenen. Konsequent durchgezogen, mit sinnvollen Besprechungsformaten und unter Nutzung moderner digitaler Kollaborationswerkzeuge entsteht so viel schneller und effizienter ein guter Vorschlag, den alle mittragen können — und der den Frust auf allen Seiten, wenn »die anderen« mal wieder Wesentliches unberücksichtigt gelassen haben, minimiert.
Auch eine andere Meetingkultur trägt hierzu bei. Zu oft sind Meetings ellenlang und haben zwar eine Agenda, aber es bleibt dennoch unklar, wer eigentlich warum dabei ist und welches Ergebnis erzielt werden soll. Erprobte Besprechungsformate und Workshop- Methoden können helfen, um in kürzerer Zeit bessere Ergebnisse zu erzielen. Seien es kurze Daily Standups anstelle wöchentlicher Referatsrunden. Seien es Hilfsmittel wie ein konsequentes Timeboxing. Seien es Strukturierungsansätze wie IDOARRT oder Lean Coffee. Oder seien es interaktive Workshops auf Basis von Design-Thinking oder Liberating Structures, Book Sprints für gemeinsame Vorlagen oder andere methodische Ansätze².
Im Übrigen: Gerade mit Blick auf begrenzte Ressourcen müssen wir auch konsequent das ›not-invented-here‹-Syndrom ablegen. Stattdessen müssen wir bevorzugt bestehende Dinge weiterentwickeln und auf bestehenden Lösungen und Standards, wie zum Beispiel Gestaltungsrichtlinien, aufbauen. Es braucht viel mehr Partnerschaften und Zusammenarbeit. Dazu gehört dann auch aktives Community Building als akzeptierte und mit Personal hinterlegte Aufgabe der Verwaltung — und zwar verwaltungsintern genau wie nach außen, zum Beispiel in Richtung Fachcommunity oder Zivilgesellschaft, wo es oft schon lange etablierte Strukturen gibt, die man gewinnbringend nutzen kann. Das ist bislang größtenteils alles andere als selbstverständlich. Aber nur gemeinsam werden wir die Herausforderungen, die auf uns zukommen, lösen können.
1—Natürlich als ›permanente Beta‹, die stetig und iterativ verbessert und weiterentwickelt werden darf und soll ;-) 2— Es gibt eine Vielzahl an Ansätzen, Hilfsmitteln, Denkschulen und Methoden. Im Internet findet eine Suche z.B. nach den genannten, kursiv gesetzten Begriffen oftmals sehr gute Beschreibungen. Auch Sammlungen wie Liberating Structures, das Handbuch ›Öffentliches Gestalten‹ vom CityLab Berlin und Politics For Tomorrow sind gute Anlaufstellen.
Über die Autor*innen: Simone Carrier ist freiberufliche Service Designerin in Berlin. Sie ist international für FutureGov tätig und berät Verwaltungen und Regierungen in Europa, Afrika sowie im Mittleren Osten. Simone Carrier hat gemeinsam mit Stephanie Wade den drei-tägigen Innovationsworkshop der civicChallenge Finalrunde 2021 auf der Belalp geleitet. www.simonecarrier.com
Jan-Ole Beyer arbeitet in der Verwaltung im Referat für Digitale Innovation und Transformation des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat in Deutschland.